Ein Land, das mehr Fahrräder als Einwohner hat? Das mussten wir sehen. Und so ging es für uns im August zum Bikepacking mit den Fahrrädern in die Niederlande. Schon öfter waren wir zum Urlaub in den Niederlanden und haben uns jedes Mal ausnahmslos wohl gefühlt.
Das Fahrrad hatten wir dabei aber noch nie im Gepäck, und das, obwohl die Niederlande weltweit als DAS Fahrradparadies überhaupt gelten. Bislang haben wir auch noch nie die Fahrräder mit ins Ausland genommen, sondern haben bei unseren bisherigen Bikepackingtrips eher auf Deutschland gesetzt. Ob es uns beim Bikepacking durch die Niederlande wirklich so gut erging, wie wir hofften, oder unser bisheriger Eindruck trügerischer war? Das erfährst du hier im Beitrag.
Überblick
- Tag 1 Duisburg-Venlo
- Tag 2 Venlo – Arnheim
- Tag 3 Arnheim – Eindhoven
- Fazit Bikepacking in den Niederlanden
Bikepacking Niederlande:
Tag 1 Duisburg-Venlo
Erstmal mussten wir aber irgendwie überhaupt in die Niederlande kommen. Das ist von Berlin aus ein gutes Stück entfernt. Wir entschieden uns dafür, mit dem Zug erstmal Richtung Ruhrpott zu fahren und von Duisburg aus dann auf direktem (Rad)weg die Landesgrenze zu überqueren.
Glücklicherweise hat Marco eine Tante in Duisburg. So sparten wir uns ein Hotel und konnten es direkt mit einem kurzen Familienbesuch verbinden. Zu dem Zeitpunkt wussten wir es noch nicht, aber das sollte uns zum späteren Zeitpunkt der Tour das Leben noch stark erleichtern.
Nach 2 Nächten im Ruhrpott radelten wir mittags entspannt von Duisburg aus los in Richtung Venlo. Da beide Städte in Grenznähe liegen, hatten wir eine eher entspannte Tour vor uns. Zwar war es mit 17 Grad relativ kühl für Mitte Sommer, die Luftfeuchtigkeit war jedoch so hoch, dass wir trotzdem gut ins Schwitzen kamen.
Landschaftlich gab es an diesem Tag nur wenige Highlights zu sehen. Wir fuhren viel auf Radwegen neben größeren Straßen, das störte uns aber kaum. Links die Straße. Rechts Felder oder Häuser. Hauptsache gute und sichere Wege. Nach einem kurzen Beweisfoto vor dem Niederlande-Schild fuhren wir nach 45 Kilometern mittags bereits in Venlo ein.
Hier erwartete uns erstmal ein kurzer Schock, weil wir zuletzt in Venlo waren, als Corona gerade das Weltgeschehen beherrschte. Damals waren die Straßen wie leergefegt. Eine Kleinstadtidylle mit Wohlfühlcharakter. Heute war die Innenstadt jedoch stark überfüllt mit Touristen. Unangenehm und hektisch. Das mussten wir erstmal verarbeiten und in Ruhe ankommen.
In Venlo mussten wir noch einiges an Zeit totschlagen, bis wir am Nachmittag in unsere Pension „Op de Burg“ einziehen konnten. Perfekt für eine Pause am Hafen mit einem leckeren Eis. Und perfekt, um sich an die neue Situation vor Ort zu gewöhnen.
Nachdem wir unsere Pension bezogen und uns geduscht hatten, verbrachten wir den Abend gemütlich in der Innenstadt und versuchten, unsere kleinen Niederländischkenntnisse so gut es geht zu erproben. Es war ein schöner und entspannter Abend. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als mir auf dem Heimweg einfiel, dass ich den Schlüssel für das Fahrradschloss noch im Rucksack* in Duisburg liegen gelassen habe.
Die Fahrräder hatten wir am Nachmittag bei unserer Ankunft direkt in der Pension zusammen angeschlossen. Durch den Zwischenhalt in Duisburg hatte ich einen Extra-Rucksack dabei, den ich auf dem Heimweg wieder mitnehmen wollte. Wie konnte ich nur vergessen, den Schlüssel umzupacken? Nachdem ich aus allen Wolken gefallen bin, weil ich sonst doch immer alles genauestens plane und übertrieben oft prüfe, gingen wir unsere Optionen durch.
- Wir könnten am nächsten Tag zum Baumarkt gehen und Werkzeug kaufen, um unser eigenes Schloss* zu knacken. Oder die Vermieter der Pension fragen, ob sie passendes Werkzeug haben. Dafür müsste man aber nicht nur teures Werkzeug zum einmaligen Gebrauch kaufen und dann entsorgen, sondern auch direkt noch ein neues Schloss kaufen.
- Eine andere Option wäre, mit dem Zug nach Duisburg zu fahren, den Schlüssel zu holen und am kommenden Tag zurück. Es ist aber schon spät und es fahren kaum noch Züge, die Verbindungen sind ungünstig. Hinzu kommt, dass wir am nächsten Tag zeitig aus der Pension auschecken müssen. Zeitlich eher schwierig und stressig.
- Ein Auto mieten steht auch im Raum. Scheint aber ebenfalls nicht so schnell umsetzbar zu sein.
- Schließlich telefoniert Marco mit seiner Tante, die sich bereit erklärt, uns am nächsten Tag den Schlüssel zu bringen. So ein Glück. Nach den vielen Überlegungen können wir unsere Reise weiter fortsetzen, wie geplant.
Da hatten wir Glück, dass wir nur eine sehr kurze Tour gefahren sind und Marcos Tante den Weg für uns auf sich genommen hat. Ab jetzt kontrolliere ich den Schlüssel immer 3 Mal, bevor ich das Rad abschließe. Und vielleicht schreibe ich mir „Schlüssel“ nochmal ganz fett gedruckt auf meine Bikepacking Packliste. So eine unnötige Aufregung braucht man wirklich nicht…
Bikepacking Niederlande:
Tag 2 Venlo – Arnheim
Der zweite Tag Bikepacking durch die Niederlande beginnt in Venlo. Nach der Aufregung am Abend verbrachten wir eine erholsame Nacht in der vorab gebuchten Pension. Nach einem gemütlichen Frühstück im Zimmer packten wir unsere Taschen und warteten auf Marcos Tante. Der Schlüssel war wieder da. Die Räder frei und startklar.
So ging es 9 Uhr bei 16 Grad und schönstem Sonnenschein los in Richtung Arnheim. 86 Kilometer wollen wir heute radeln.
Auf grandiosen Radwegen fahren wir von Dorf zu Dorf und von Stadt zu Stadt. Es ist alles gut und sicher ausgebaut, und zwischendurch können wir unser Glück immer wieder kaum fassen. Natürlich wussten wir von den guten Radwegen. Aber selbst darauf fahren zu können ist etwas anderes. Ich bin noch nie zuvor so frei von Sorgen und Ängsten Rad gefahren.
Es fühlt sich richtig an. Hier fahren auch viele Autos. Aber die Wege sind für Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger sicher gestaltet. Dort, wo das nicht der Fall ist, überholen Autos nur dort, wo keine Gefahr besteht, den Radfahrer anzufahren. Eine Menschlichkeit, die mir auf Deutschlands Straßen so leider nicht begegnet.
Wir kommen extrem gut voran, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Wege so unfassbar gut sind. Man muss nicht dauernd anhalten. Die Wegbeschaffenheit wechselt nicht alle paar Meter. Es gibt Unterführungen für Radfahrer. Es scheint alles zu perfekt zu sein. Ab und zu erschrecken wir uns, weil ein Mopedfahrer auf dem Radweg an uns vorbei saust, was hier erlaubt ist.
Auch die Müllentsorgung an Radwegen ist hier gut geregelt. Im Internet hatte ich oft Fotos von Mülleimern für Radfahrer gesehen und gedacht, es sei eine Ausnahme, die nur an wenigen Stellen im Land platziert sei. Stattdessen finden sich alle paar Kilometer die praktischen Container. Bequem während der Fahrt kannst du hier deinen Müll entsorgen, ohne deine Tour extra unterbrechen zu müssen.
Bei Cujik sind wir dann auf eine kleine Fährfahrt angewiesen. Auch hier klappt alles reibungslos. Die Fahrt dauert nur wenige Minuten und kostet nur ein paar Euro.
Den ganzen Vormittag hoffen wir schon auf ein kleines Café, die es in den Niederlanden ja sonst so häufig gibt. Leider sind am Montag viele Geschäfte geschlossen oder öffnen erst gegen Nachmittag, weshalb wir notgedrungen einen kurzen Stopp beim Restaurant zum goldenen M einlegen müssen. Nicht unsere erste Wahl, aber in der Not geht auch das.
Nach der Pause fahren wir über Radschnellwege zwischen den Städten, was unglaublich schön ist. Zu sehen, wie viele Menschen diese Wege nutzen, macht mich glücklich, aber auch ein bisschen wehmütig. Für Berlin waren auch Radschnellwege geplant, wurden nun aus nicht erkennbaren Gründen aber gestoppt. Dass Radwege genutzt werden, wenn sie gut befahrbar und sicher sind, ist ja längst kein Geheimnis mehr.
Auf unserer Tour kommen wir auch durch Nijmegen. Dort fahren wir einen Teil vom Radschnellweg Cujik-Nijmegen über einer Brücke über den Fluss De Waal quasi über die Stadt hinweg. Fernab von Autos. Genug Platz, um langsamere Radfahrende zu überholen. Auch hier sind wir wieder begeistert von der durchdachten Umsetzung der Infrastruktur. Und ähnlich gut geht es weiter. Die letzten 20 Kilometer bis nach Arnheim rollen wir vorbei an Pferden und Ziegen und durch schöne Natur.
Angekommen in Arnheim sind wir sehr überrascht, dass es hier gar nicht so flach ist, wie man eigentlich von Holland erwartet. Es geht stetig bergauf und bergab. Damit hatten wir nicht gerechnet und sind froh, dass Klischee über die Niederlande damit auch teilweise widerlegen zu können.
Nach gut 86 Kilometern beziehen wir ein zuvor gebuchtes Tinyhouse direkt am Wasser. Eine unglaublich tolle Unterkunft, die mit viel Liebe zum Detail hergerichtet wurde, und ein wirklich netter Gastgeber, der auf dem Hausboot daneben wohnt. Hier bleiben wir direkt einen weiteren Tag und verbringen etwas Zeit in Arnheim.
Bikepacking Niederlande Tag 3:
Arnheim – Eindhoven
Nach einem wunderbaren Pausentag in Arnheim verlassen wir unsere schöne Unterkunft am Wasser um ca. 10 Uhr und machen uns auf in die letzte Etappe. Heute wollen wir 86 Kilometer nach Eindhoven radeln und abends mit dem Zug zurück nach Duisburg, bevor es von dort aus nach Berlin geht. Ganz schön viele Etappen. Aber eins nach dem anderen.
Zunächst radeln wir wieder ca. 20 KM über den Rhein-Waal-Weg F325 zurück in Richtung Nijmegen. Die haben es heute aufgrund von starkem Gegenwind tatsächlich in sich. Wir kommen trotz des starken Gegenwindes ganz gut voran, aber der Wind nervt und ist anstrengend. Das Wetter soll am heutigen Tag auch noch weiterhin eine Rolle spielen. Wir haben ca. 17 Grad. Luftfeuchtigkeit fast bei 90 %. Wechselnd Sonne, bewölkt, Regen. Der ganze Tag ist ein Wechsel aus frieren und schwitzen und anziehen und ausziehen.
Gegen Mittag wollen wir eine kurze Pause in einem kleinen Café in Beers machen, das zu unserem Glück gerade öffnet. Da es mit der Bestellung etwas länger dauert, wird unsere Pause länger als gedacht. Mittlerweile ist es auch wieder sehr kalt. Geschmeckt hat es aber gut und die Kellnerin war auch freundlich. Also alles top. Nach 1,5 Stunden geht’s dann auch endlich weiter. Leider mittlerweile wieder in Regensachen*.
Unterwegs sehen wir heute eine Ampel, die eine Anzeige hat, wann es grün wird. Da kam einem die Wartezeit gar nicht so lange vor. Super Idee. In den vorangegangenen Tagen gab es zu unserer Überraschung auch Ampeln mit Sensoren, die beim Annähern eines Rades auf Grün geschaltet haben. Wirklich toll.
Die letzten Kilometer vor Eindhoven fahren wir am Wilhemina-Kanal entlang bis in die Stadt hinein auf gutem Radweg zwischen Bäumen und Wasser. Unser Ziel, den Bahnhof, erreichen wir sicher und ohne Probleme. Kaum zu glauben, aber unser Bikepacking durch die Niederlande ist schon fast wieder vorbei.
Mittlerweile sind wir auch etwas in Eile, weil wir unbedingt den Zug noch erwischen wollen. Leider lässt sich zu diesem Zeitpunkt am Automat und auch auf der Webseite kein Ticket kaufen. Marco kauft dann eins am Schalter und wir sind doch noch rechtzeitig am Gleis, um unsere Reise Richtung Duisburg antreten zu können.
Kaum sind wir mit den Rädern in den NS Intercity eingestiegen, steht ein Security-Mitarbeiter hinter uns. Und nicht nur das. Zu unserer Überraschung auch 2 Polizisten. Der Securitymann erklärt uns, dass wir mit unseren Rädern den Zug nicht nutzen dürfen und leider wieder aussteigen müssen.
Wir hatten vorab recherchiert und verstanden, dass wir im Juli und August Fahrräder ganztägig mitnehmen können. Außerhalb dieser Zeiten darf man das nur außerhalb der Rush Hour. Auch die Mitarbeiter am Schalter, die uns die Tickets verkauft hatten, haben das bestätigt. Auch andere Fahrgäste scheinen etwas verwirrt darüber zu sein, immerhin sind wir auch nicht die einzigen mit Rädern.
Wir steigen enttäuscht wieder aus dem Zug aus. Während ich mich gerade noch frage, weshalb direkt Security und Polizei auf uns angesetzt wurden, kommt schon ein Mitarbeiter der Bahn auf uns zu und entschuldigt sich mehrfach bei uns. Sein Kollege hat etwas verwechselt und wir dürfen sehr wohl wieder einsteigen und mitfahren. Wir sind erleichtert und steigen schnell wieder in den Zug ein. Immerhin steht uns heute noch ein weiter Weg bevor. 3 Züge brauchen wir von Eindhoven, bis wir wieder in Duisburg sind.
Nachdem mit den Umstiegen und in den Zügen alles geklappt hat, kommen wir am Abend schließlich wieder am Hauptbahnhof in Duisburg an. In der Stadt hängen wir erstmal ein wenig fest. Es findet ein Marathon oder Firmenlauf statt und viele Straßen sind blockiert. Wir nehmen es gelassen und warten, bis es nach 30 Minuten weitergehen kann.
Fazit
Das Fazit fällt diesmal kurz aus. Ich könnte endlos lange Worte für die Niederlande, die Menschen dort und vor allem die Radinfrastruktur finden. Ich belasse es dabei, zu sagen, dass es großartig war und ich viel an die Tour zurückdenke.
Mir fällt nicht eine negative Sache ein. Es war rundum perfekt und ich kann es nicht erwarten, bald wieder mit dem Fahrrad in die Niederlande fahren zu können. Jeder, der die Chance hat, dort mal zu radeln, sollte es ausprobieren.
Bist du auch schon mit dem Fahrrad in den Niederlanden gewesen?
Oder planst du es vielleicht gerade?
Teil gern deine Erfahrungen in den Kommentaren mit mir.
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Die Produkte habe ich verlinkt, weil ich sie selbst so oder in ähnlicher Form nutze und von ihnen überzeugt bin.
Die Aussicht auf Nijmegen sieht ein wenig so aus als wäre diese aus einem Film oder einer Serie
Das ist gut möglich. Eine Stadt wie aus dem Bilderbuch quasi 😀
Mein Niederlande Trip ist bereits eine Weile her… vielleicht fahre ich nächstes Jahr doch nochmal hin. Der Bericht gibt dieses schöne, freundliche Gefühl wieder, was in dem Land standard ist.
Sehr interessant und immer wieder krass zu lesen wie weit du und Marco fahren!
Danke für den lieben Kommentar. Die Niederlande sind einfach wirklich unbeschreiblich schön und immer wieder einen Besuch wert.